Internationaler Tag des Waldes: Mit Satelliten gegen den Borkenkäfer

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Internationaler Tag des Waldes: Mit Satelliten gegen den Borkenkäfer

Die markierten Bereiche der Sentinel-2 Karte (links) zeigen Bäume, die seit kurzem von Borkenkäfern befallen sind. Im Vorjahr abgestorbene Bereiche erscheinen pink. Auf dem Luftbild (rechts) lässt sich der Befall nur sehr schwach erkennen. Quelle: Simon König/NPV-BW

Seit über 50 Jahren wird am 21. März mit dem Internationalen Tag des Waldes auf die globale Waldvernichtung aufmerksam gemacht. Deutschland verliert jährlich etwa 150.000 Hektar Waldfläche. Trockenheit und Hitze sorgen dafür, dass Bäume geschwächt sind und die Vitalität der Wälder abnimmt. Selbst die widerstandsfähigen Buchen haben Probleme mit Dürre. Besonders leiden Fichten, denn längere Sommer und mildere Winter begünstigen die Vermehrung von Borkenkäfern. Geschwächte Bäume sind anfälliger für Sturmschäden. Sturmholz wiederum begünstigt die Vermehrung des Borkenkäfers, da er in dem entwurzelten Totholz ideale Bruträume findet. Auch die Waldbrandgefahr steigt durch die veränderten klimatischen Bedingungen. 

Eine Veränderung muss her, um die Wälder den zukünftigen Klimabedingungen anzupassen. Dabei heißt es: weg von Nadelholz-Monokulturen und hin zum gesunden Laubmischwald, damit die Vitalität der Wälder wieder zunimmt. Mit Satellitendaten lässt sich monitoren, wie es um die Vitalität steht. Dabei ist unter anderem das Erdbeobachtungssystem Copernicus hilfreich.

Vitalitätsverlust der Bäume frühzeitig erkennen

Laut Dr. Tanja Sanders, Leiterin des Arbeitsbereich Ökologie und Walddynamik am Thünen-Institut für Waldökosysteme, kann Copernicus helfen, Insektenschäden im Wald vorzubeugen: „Der Vitalitätsverlust ist oft vorher schon zu sehen, bevor der Borkenkäfer wirklich ausbricht. Das heißt, wir versuchen damit in Zukunft Massenvermehrungen zu vermeiden, indem wir gezielt eingreifen.“ 

Die Schäden durch den Borkenkäfer können mit den Daten der Sentinel-2 Satelliten bereits in einem frühen Stadium der Nadelverfärbung erkannt werden, der sogenannten Early Red Attack. Die Vitalitätsverluste im Wald werden dafür mit einem near real-time Ansatz (NRT) detektiert und im zweiten Schritt wird basierend auf Trainingsdaten eine Klassifikation durchgeführt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Pixel der Klasse Early Red Attack zuzuordnen ist. Diese beiden Produkte werden kombiniert und ergeben die Schadenskartierung.  Die Karten können für gezielte Bekämpfungsmaßnahmen genutzt werden, um eine Ausbreitung des Borkenkäfers einzudämmen. Im österreichischen Projekt „BEAT IT! Bark Beetle Detection From Space“ berechneten Wissenschaftler sogar bereits KI-basierte Risikoprognosen der Borkenkäferausbreitung.

Waldbrandmonitoring aus dem Orbit

Der Copernicus Emergency Management Service (CEMS) hilft Einsatzkräften, einen Überblick über Waldbrände zu bekommen. Mit dem Rapid Mapping können innerhalb weniger Stunden Karten der entsprechenden Gebiete erstellt werden. Während der wochenlang anhaltenden Waldbrände im Elbsandsteingebirge im Juli und August 2022 wurden ergänzend zu der Kartierung der Brandgebiete Betankungsflächen für Löschflugzeuge kartiert und den Piloten zur Verfügung gestellt. Einen automatisierten Dienst stellt das Europäische Waldbrandinformationssystem EFFIS dar, das die Waldbrandaktivität und das Waldbrandrisiko nahezu in Echtzeit überwacht.

Baumartenerkennung mit Copernicus

Baumartenerkennung mit Copernicus-Daten ist besonders zwischen den Zeiträumen der Bundeswaldinventur (BWI) sinnvoll, um den Erfolg im Waldumbau zu beobachten, sagt Tanja Sanders: „Die Baumartenerkennung anhand von Satellitendaten bietet eine fantastische, zeitlich aktuelle Ergänzung der BWI für großflächige Aussagen. Im Mischwald sind die Daten jedoch noch etwas ungenau.“ Das liegt unter anderem daran, dass im Mischwald häufig andere Baumarten im Unterstand stehen, für deren Unterscheidung derzeit noch die Erfahrungswerte fehlen. Die Differenzierung zwischen Nadel- und Laubbäumen und die Hauptbaumartklassen funktionieren jedoch schon gut.

Das Projekt KlimBa (Modellierung einer klimaangepassten Baumartenverbreitung) erarbeitet derzeit Datengrundlagen und Modelle, die eine standortgerechte und an das Klima angepasste Baumartenwahl ermöglichen sollen. Außerdem ist die Entwicklung einer öffentlichen Signaturdatenbank, mit welcher bundesweite Baumartenkarten erzeugt werden können, in Planung. Weitere Projekte, die mit Baumartenerkennung auf Basis der kostenlosen Copernicus-Daten arbeiten sind SENTINEL4GRIPS und die Bundesweite fernerkundungsbasierte Baumartenerkennung.

Trockenstress früher erkennen

Die hyperspektral auflösenden Daten der Satellitenmission EnMAP lassen sich ebenfalls gut zum Waldmonitoring nutzen. Sie unterstützen bei der Entwicklung und Optimierung von Methoden der Baumartenkartierung, Altersstufen von Bäumen, sowie Analyse der Bestandsdichte, Kronenschluss oder Totholzvorkommen.

Die Besonderheit der hyperspektral auflösenden Daten kommt ganz besonders bei der Erfassung physiologischer Zustandsgrößen von Waldökosystemen zum Tragen. So kann beispielsweise Trockenstress unter Anwendung des Photochemischen Reflexionsindex (PRI) früher erkannt werden als durch den herkömmlichen auf multispektralen Daten basierenden Feuchtigkeitsbelastungsindex (DRMSI). Die regelmäßige Beobachtung über mehrere Wachstumszyklen eröffnet neue Perspektiven zur Integration hyperspektral abgeleiteter Vitalitätsindikatoren mit Modellrechnungen zur pflanzlichen Produktion und des Waldwachstums.

Satellitenbilder machen erstmals das Ausmaß der Verluste im Baumbestand sichtbar

Die Datenauswertung einer DLR-Forschungsgruppe des Earth Observation Center (EOC) hat über 20.000 Datensätze der beiden Missionen Sentinel-2 und Landsat-8 kombiniert und ausgewertet, um damit flächendeckend den Baumverlust in Deutschland zu kartieren. Das Projekt lieferte alarmierende Ergebnisse: von Januar 2018 bis einschließlich April 2021 zeigen die Karten einen Rückgang von fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands. Diese Verluste waren deutlich höher als zuvor angenommen. Weitere Informationen zu dem Projekt finden sich auf dem DLR-Portal: Sorge um den deutschen Wald.

Noch mehr Anwendungsbeispiele finden sich auf der Seite des Copernicus Netzwerkbüro Wald. Das Netzwerkbüro dient als Kontaktstelle rund um die Nutzung von Erdbeobachtungsdaten im Bereich Wald und Forst. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich ins Netzwerk einzubringen.

©Pia Voigt

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